Projektzeiterfassung meets interne Leistungsverrechnung

von Alexander Huber

Projektzeiterfassung meets interne Leistungsverrechnung

Viele Unternehmen verbinden Projektzeiterfassung automatisch mit der Abrechnung externer Kundenprojekte. Doch in unserer Praxis zeigt sich: Zeiterfassung ist genauso für die interne Leistungsverrechnung entscheidend. Gerade interne IT-Abteilungen, HR oder Marketing stehen heute vor der Herausforderung, ihre Leistungen transparent und fair an andere Unternehmensbereiche zu verrechnen.

In diesem Artikel beschreiben wir, warum interne Leistungsverrechnung unserer Erfahrung nach mehr ist als nur „linke Tasche, rechte Tasche“, wie man sie im Rahmen der Zeiterfassung von Projekten abbildet und warum Themen wie Multi-Client-Splitting technisch entscheidend sind.

Warum interne Leistungsverrechnung?

Die interne Leistungsverrechnung (ILV) sorgt dafür, dass Leistungen zwischen Abteilungen eines Unternehmens verursachungsgerecht verteilt werden. Sie ist mehr als ein buchhalterischer Kniff:

  • Transparenz: Jede Abteilung sieht, welche Leistungen sie bezieht und welche Kosten dafür anfallen.
  • Kostenbewusstsein: Interne Services werden nicht als „gratis“ wahrgenommen, sondern mit echtem Wert.
  • Steuerungsinstrument: Das Management kann Services bewerten, optimieren und gezielt steuern.
  • Förderung von Effizienz: Abteilungen prüfen genauer, ob Leistungen notwendig sind – IT und andere Servicebereiche optimieren ihre Angebote.

Cost Center vs. Profit Center – die Rolle der IT

Traditionell wurden IT-Abteilungen als Cost Center geführt. Ein Cost Center ist laut Definition

An organization’s or company’s cost center helps control its costs but doesn’t directly contribute to revenue to pay them.

Der Fokus liegt dabei auf Budgettreue und Effizienz, nicht auf Ertragserzielung. Typische Beispiele sind IT, HR oder die Verwaltung. Immer mehr Unternehmen sehen ihre IT jedoch nicht mehr nur als Kostenstelle, sondern entwickeln sie zum Profit Center. Ein Profit Center wird als

A branch or division of a company that directly adds to the organization’s bottom line and is responsible for generating its own revenues and earnings

IT-Abteilungen agieren hier wie interne Unternehmen: Sie erbringen Leistungen, stellen diese in Rechnung und tragen Ergebnisverantwortung.
Gerade in der IT zeigt sich ein klarer Trend: Immer mehr Unternehmen positionieren ihre IT als Profit Center, da effiziente IT nicht nur Kosten senken, sondern auch Gewinnmargen und Wachstum verbessern kann (LOGIC2020).

Auch Forbes hebt hervor, dass Organisationen konkrete Wege finden sollten, um ihre IT-Abteilungen schrittweise von einer reinen Kostenstelle hin zu einem Profit Center zu entwickeln (Forbes).

Ein Praxisbeispiel liefert USAA: Dort wurde die IT-Abteilung mit einem internen Chargeback-Modell als Profit Center organisiert. Die Folge war eine deutliche Kostenreduktion bei gleichzeitig verbesserter Qualität der IT-Services (Springer).

Aktueller Trend

Immer mehr Konzerne entwickeln ihre IT-Abteilungen vom klassischen Kostenfaktor hin zu eigenständigen Profit Centern. Der Grund: IT wird heute nicht mehr nur als technischer Dienstleister betrachtet, sondern als zentraler Business Enabler, der entscheidend zur Wertschöpfung beiträgt.

Wenn interne Abteilungen für die von der IT bereitgestellten Services reale Preise bezahlen, steigt automatisch die Qualität und Serviceorientierung. Die IT muss ihre Leistungen klar definieren, transparent kalkulieren und kontinuierlich verbessern – ähnlich wie ein externer Anbieter.

Gleichzeitig bleibt die interne Leistungsverrechnung (ILV) auch dort ein wichtiges Instrument, wo IT weiterhin als klassisches Cost Center geführt wird. Sie schafft Transparenz, macht Kosten nachvollziehbar und fördert ein besseres Verständnis für die tatsächliche Nutzung von IT-Services im Unternehmen.

💡 Immer mehr Unternehmen entwickeln ihre IT-Abteilung zum Profit Center, da sie als Business Enabler und nicht nur als Kostenstelle gesehen wird. Dennoch bleibt interne Leistungsverrechnung auch im Cost-Center-Modell unverzichtbar, um Transparenz und Kostenbewusstsein zu schaffen.

Projektzeiterfassung als Basis der internen Leistungsverrechnung

Warum ist Projektzeiterfassung hier so wichtig? Weil die erfassten Zeiten die Grundlage für die Leistungsverrechnung sind.

  • Nicht nur externe Projekte: Auch interne Softwareeinführungen, Serviceprojekte oder Wartungsprojekte haben Start- und Endtermine, Budgets und Aufgabenpakete.
  • Nachvollziehbarkeit: Wer hat wann woran gearbeitet? Diese Information ist entscheidend, um Kosten verursachungsgerecht zu verteilen.
  • Komplexe Splits: Oft teilen sich mehrere Kostenstellen die Projektkosten. Das ist selten einfach 50/50 – vielmehr entstehen komplexe Splittings, die automatisch berücksichtigt werden müssen.

🛠️ Praxisbeispiel: Interne Leistungsverrechnung in einer Konzern-IT

Ein Beispiel aus unserer Praxis zeigt, wie die Projektzeiterfassung in der internen IT eines großen österreichischen Konzerns zum zentralen Steuerungsinstrument wird.

➡️ Ein weiteres Beispiel für interne Leistungsverrechnung finden Sie in der Case Study von LeaseMyBike.

Ausgangslage

Die zentrale IT-Abteilung eines großen österreichischen Konzerns übernimmt eine Vielzahl an Aufgaben, die weit über den klassischen Betrieb von Infrastruktur hinausgehen. Dazu gehören Softwareeinführungen, die Betreuung und Weiterentwicklung von Anwendungen, die Durchführung von Wartungs- und Migrationsprojekten sowie die Bereitstellung von konzernweiten Services wie Helpdesk, Security oder Cloud-Plattformen. Diese Leistungen stehen nicht nur einer einzelnen Einheit zur Verfügung, sondern werden von unterschiedlichen Geschäftsbereichen im Konzern genutzt.

Ziel

Damit die Kosten für diese Leistungen transparent und nachvollziehbar sind, verfolgt die IT-Abteilung das Ziel, Aufwände verursachungsgerecht zu verteilen. Jeder Geschäftsbereich soll genau die Kosten tragen, die aus der tatsächlichen Inanspruchnahme resultieren. Auf diese Weise wird nicht nur Fairness geschaffen, sondern auch ein stärkeres Kostenbewusstsein in den Fachabteilungen gefördert.

Herausforderung

In der Praxis zeigt sich, dass IT-Projekte selten einer einzigen Kostenstelle zugeordnet werden können. Häufig sind mehrere Abteilungen beteiligt – etwa wenn ein neues ERP-System konzernweit eingeführt wird oder ein Security-Projekt alle Geschäftsbereiche betrifft. Die Aufteilung der Kosten erfolgt dabei nicht immer gleichmäßig, sondern in individuell definierten Splits, die auf Nutzung, Mitarbeiterzahlen oder anderen Verteilungsschlüsseln basieren können. Die Komplexität steigt zusätzlich, wenn sich diese Splits im Laufe eines Projekts verändern oder mehrere Abteilungen nur temporär beteiligt sind.

  • ✅ Die IT-Abteilung liefert Projekte und Services für den gesamten Konzern.
  • ✅ Kosten sollen transparent und fair auf die Nutzerbereiche verteilt werden.
  • ✅ Viele Projekte betreffen mehrere Abteilungen mit komplexen Splits.

Multi-Client-Splitting in der Praxis

Damit Mitarbeitende beim Buchen nicht belastet werden, übernimmt das System die Splittung automatisch:

  • Projekt wird mit mehreren Kostenstellen verknüpft.
  • Eine Verteilungstabelle definiert Prozentsätze (z. B. Kostenstelle A 30 %, Kostenstelle B 70 %).
  • Gebuchte Zeiten werden im Hintergrund anteilig aufgeteilt.

💡 Wer Zeiten bucht, sollte nicht durch technische oder abrechnungsspezifische Details belastet werden. Die Erfassung muss so einfach wie möglich sein – alles Weitere passiert im Hintergrund. Denn Zeiterfassung gehört ohnehin nicht zu den Lieblingstätigkeiten der meisten Mitarbeitenden.

Fallbeispiel

Im Folgenden beschreiben wir einen konkretes Umsetzungsbeispiel mit Time Cockpit, bei dem sich die hohe Anpassbarkeit der Plattform als besonders nützlich erwiesen hat. Die interne Leistungsverrechnung konnte so individuell auf die Bedürfnisse der Konzern-IT zugeschnitten werden. Drei Elemente waren dabei ausschlaggebend: die Datenstruktur, der Datenimport und das Reporting.

1. Datenstruktur

Im klassischen Modell gibt es meist nur die Hierarchie Kunde → Projekt → Tätigkeit. Für die interne Leistungsverrechnung reicht das nicht aus. Hier wurde zusätzlich eine Entität Kostenstelle eingeführt, die über eine M:N-Beziehung mit Projekten verknüpft ist. Ein Feld „Verteilung (%)“ ermöglicht es, Projektzeiten automatisch zwischen mehreren Kostenstellen aufzuteilen.

2. Datenimport

Die Projektdaten entstehen oft nicht im Zeiterfassungssystem selbst, sondern in Vorsystemen. In diesem Fall stammen sie teils aus Microsoft SharePoint, das über eine Webservice-Schnittstelle angebunden wurde, und teils aus einer Eigenentwicklung, die ihre Daten als JSON exportiert. Dank der Flexibilität von Time Cockpit konnten beide Systeme nahtlos integriert werden. Entscheidend war hier das technische Know-how beim Aufbau individueller Schnittstellen.

3. Reporting

Sind die Daten einmal im System, buchen die Mitarbeitenden ihre Zeiten wie gewohnt auf Projekte und Aufgaben. Die Splits nach Kostenstellen laufen automatisch im Hintergrund. Für das Controlling wurden Script-Listen erstellt, die die gebuchten Zeiten aggregieren und gemäß der Splits den Kostenstellen zuordnen. Über den automatischen Excel-Export lassen sich die Ergebnisse direkt weiterverarbeiten – ein klarer Mehrwert für Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

💡 Gerade bei interner Leistungsverrechnung zeigt sich, wie wichtig die Anpassbarkeit eines Zeiterfassungssystems ist. Standardlösungen stoßen schnell an ihre Grenzen, wenn mehrere Kostenstellen beteiligt sind oder individuelle Splits benötigt werden. Mit Time Cockpit konnten durch Erweiterungen im Datenmodell, flexible Schnittstellen und Script-basiertes Reporting genau diese Anforderungen umgesetzt werden – ohne dass der Erfassungsprozess für Mitarbeitende komplizierter wurde.

Tipps aus der Praxis

Aus unseren Projekten wissen wir: Der Erfolg einer internen Leistungsverrechnung hängt nicht nur von der Technik, sondern auch von der richtigen Umsetzung ab. Die folgenden Empfehlungen haben sich in der Praxis bewährt und erleichtern den Alltag von IT-Abteilungen und Controlling spürbar:

  • Datenmodell früh durchdenken: Kostenstellen und Splits sauber modellieren.
  • Automatisierung im Import: Keine manuelle Doppelpflege – Schnittstellen nutzen.
  • Berichtserstellung flexibel halten: Script-Listen oder BI-Tools ermöglichen individuelle Splits.
  • User Experience im Blick behalten: Mitarbeitende sollen so einfach wie möglich buchen können.

Fazit

Interne Leistungsverrechnung ist ein zentrales Steuerungsinstrument moderner Unternehmen – und weit mehr als „linke Tasche, rechte Tasche“. Gerade IT-Abteilungen entwickeln sich vom Cost Center zum Profit Center und brauchen transparente Instrumente, um ihre Leistungen darzustellen.

Die Projektzeiterfassung bildet dabei die Basis: Sie macht interne Leistungen sichtbar, ermöglicht faire Leistungsverrechnung und unterstützt komplexe Modelle wie Multi-Client-Splitting. Das Zusammenspiel aus Datenmodell, Importprozessen und Reporting entscheidet über den Erfolg – und sorgt dafür, dass interne Zeiterfassung nicht als Pflicht, sondern als Mehrwert wahrgenommen wird.