Projektzeiterfassung ist mehr als nur das Erfassen von Anwesenheit – sie liefert wertvolle Kennzahlen im Unternehmen, insbesondere für IT-Dienstleister und andere White-Collar-Bereiche. Geschäftsführungen, Projektleiter:innen, HR-Verantwortliche und Controller können aus den erfassten Projektzeiten zahlreiche KPIs gewinnen, um Produktivität, Effizienz und Rentabilität von Projekten zu messen. In diesem Artikel zeigen wir, welche aussagekräftigen Kennzahlen aus der Projektzeiterfassung abgeleitet werden können und wie sie zur Steuerung des Unternehmens beitragen. (Hinweis: Fokus liegt auf Projektzeiten, nicht bloß auf Anwesenheitszeiten.)
Ein zentraler KPI für Dienstleistungsunternehmen ist die Ressourcenauslastung – also der Anteil der Arbeitszeit, den Mitarbeitende produktiv in Projekten einsetzen. Ein verbreiteter Messwert ist der Projektstundenanteil, etwa
Projektstunden / Gesamtarbeitszeit
,
für einzelne Mitarbeiter oder das gesamte Team. So sieht man, welcher Anteil der verfügbaren Arbeitszeit tatsächlich in Projekttätigkeiten fließt.
Besonders wichtig ist hierbei der Abrechnungsgrad (Billable Utilization): Welche Stunden sind abrechenbar an Kunden? Die Berechnung ist einfach:
Abrechnungsquote = (abrechenbare Stunden / verfügbare Gesamtstunden) × 100
.
Beispiel: Arbeitet jemand 40 Stunden pro Woche, davon 30 Stunden an Kundenprojekten, ergibt das 75 % (Billable Utilization: Formula, Benchmarks & How to Increase It) abrechenbare Auslastung. Branchen-Benchmarks in Beratungen liegen oft bei etwa 4 produktiven Tagen pro Woche – fünf wären ideal, sind aber unrealistisch wegen administrativer Tätigkeiten (consultport.com). In der Praxis gelten 80 % Auslastung als optimal in Dienstleistungsprojekten (How to Calculate & Track Employee Utilization Rate). Werte ab ~75 % werden als gut angesehen, während deutlich niedrigere Auslastung ungenutzte Kapazitäten bedeutet. Ist die Auslastung hingegen zu hoch (nahe 100 %), drohen Überlastung und Qualitätsverlust – eine gesunde Balance ist entscheidend (How to Calculate & Track Employee Utilization Rate).
Diese Kennzahl ist für Geschäftsführung und Controlling wichtig, da sie direkt mit Umsatz und Effizienz zusammenhängt. Beispiel: Ein Auslastungsgrad von 60 % signalisiert, dass 40 % der Arbeitszeit nicht projektiv genutzt werden – hier besteht Potenzial, Prozesse zu optimieren oder zusätzliche Aufträge zu akquirieren. Umgekehrt kann eine dauerhaft sehr hohe Auslastung ein Hinweis sein, mehr Personal einzuplanen, um Überlastung zu vermeiden.
Produktivität im Projektkontext misst, wie viel Output pro aufgewendeter Zeit erreicht wird. Klassisch wird sie definiert als Output je Arbeitszeit (Personio). Eine einfache Formel lautet:
Arbeitsproduktivität = Output / Arbeitszeit
(Personio).
Was als Output zählt, hängt vom Tätigkeitsfeld ab: In IT-Projekten könnten das z. B. erledigte Tickets, implementierte Features, ausgelieferte Module oder schlicht erwirtschafteter Umsatz sein. Beispiel: Wenn ein Entwicklungsteam in 100 Stunden Arbeit 50 Features fertigstellt, liegt die Produktivität bei 0,5 Features pro Stunde. Oder im Support: 120 gelöste Tickets in 40 Stunden entsprechen 3 Tickets/Stunde. Solche Kennzahlen helfen zu beurteilen, wie effizient Teams arbeiten und in welchen Bereichen Optimierungsbedarf besteht (Personio). Auch auf Unternehmensniveau werden produktivitätsnahe KPIs genutzt, etwa Umsatz pro Mitarbeiter (Jahresumsatz / Mitarbeiterzahl) als grober Indikator.
Wichtig: Produktivitätskennzahlen sind immer im Kontext zu bewerten. Eine isolierte Zahl sagt wenig über Qualität oder Nachhaltigkeit aus (Personio). So berücksichtigt die einfache Produktivitätsformel weder Kosten noch Ressourceneinsatz außer Zeit (Personio). Außerdem lässt sich geistige Arbeit nicht immer in Stückzahlen messen – z. B. kann ein Entwickler in weniger Stunden hochwertigen Code schreiben, während in mehr Stunden produzierter Code mit Fehlern dem Unternehmen nicht viel nützt (Personio). Daher sollte man Produktivität immer in Kombination mit anderen Kennzahlen betrachten (z. B. Qualität, Fehlerquoten, Kundenzufriedenheit). Nichtsdestotrotz liefern Zeitdaten einen notwendigen Input, um die Leistungsfähigkeit von Teams transparent zu machen und Trends zu erkennen.
Für Projektleiter:innen ist es entscheidend zu wissen, ob ein Projekt im Plan liegt – zeitlich und vom Aufwand her. Aus Zeiterfassungsdaten lassen sich hierfür verschiedene KPIs ableiten:
Projektüberlauf = Geplante Stunden – Tatsächliche Stunden
(NetSuite).
Ist das Ergebnis negativ, wurden mehr Stunden verbraucht als geplant (Überziehung); ist es positiv, liegt man unter Plan. Auch ohne Earned-Value-System kann man so einfach je Projekt erfassen, ob der Aufwandrahmen eingehalten wurde oder nicht. Wichtig ist, jede Abweichung zu tracken und die Ursachen zu verstehen (NetSuite) – etwa ungenaue Schätzungen, zusätzliche Kundenwünsche oder ineffiziente Arbeitsweise. Regelmäßige Auswertungen der Soll-Ist-Abweichungen zeigen, ob bestimmte Projektarten oder Teams systematisch über Plan liegen und ermöglichen Gegenmaßnahmen (bessere Schätzmethoden, Puffer einplanen etc.) (NetSuite).
Im professionellen Projektcontrolling gelten darüber hinaus Kennzahlen aus dem Earned Value Management als bewährte Indikatoren. Haufe nennt hier vor allem den Kostenindex (Cost Performance Index) und den Leistungsindex (Schedule Performance Index) als wesentliche Kennzahlen (Haufe). Diese Faktoren setzen den bisher erreichten Wert (Earned Value) ins Verhältnis zu den entstandenen Kosten bzw. zur verstrichenen Zeit. Werte nahe 1 bedeuten, dass Kosten und Zeit im Plan liegen; Werte < 1 signalisieren Überziehung (mehr Aufwand als geplant für den erreichten Leistungsumfang) (Haufe). Auch wenn nicht jedes Unternehmen ein vollständiges EVMS nutzt, helfen solche Effizienz-Kennzahlen für Projekte, problematische Abweichungen früh zu erkennen.
Zusammengefasst bieten Plan-Ist-Kennzahlen aus der Zeiterfassung eine Grundlage, um Projekte aktiv zu steuern. Projektleiter sehen, wo sie gegensteuern müssen (z. B. zusätzliche Ressourcen bei Verzug), und Controller erhalten einen Überblick, welche Projekte regelmäßig Budget- oder Zeitrahmen sprengen.
Neben Zeit und Leistung sollten vor allem finanzielle Kennzahlen aus den erfassten Stunden nicht fehlen. Hier liefert die Projektzeiterfassung die Basis, um Kosten zuzurechnen und Profitabilität zu analysieren:
Bürostundensatz_ = _Gesamtkosten / Projektstunden
.
Hier fließen alle Personal- und Gemeinkosten ins Verhältnis zur produktiven Zeit. Sinkt dieser Wert über die Zeit, bedeutet das, dass das Unternehmen pro Stunde weniger Kosten ansetzt – entweder durch Kostensenkung oder höhere Auslastung der Stunden. Steigt er, könnten höhere Personalkosten oder unproduktive Zeiten die Ursache sein. Für ein genaueres Bild differenzieren viele Unternehmen nach Mitarbeitergruppen (Senior vs. Junior etc.) unterschiedliche Soll-Kostensätze (Stundensatzkalkulation - Wie einen Stundensatz berechnen?).
(Projektumsatz – Projektkosten) / Projektumsatz
(NetSuite). Dazu ist es nötig, alle Projektstunden sauber zu erfassen und mit Kostenansätzen zu bewerten, um die tatsächlichen Projektkosten zu kennen (NetSuite). Viele Dienstleister tun dies noch unzureichend, doch gerade dann können versteckte Unwirtschaftlichkeiten auftreten. Beispiel: Ein Projekt bringt 100.000 € Umsatz, hat aber 1.500 Stunden Aufwand verursacht. Wenn die Vollkosten pro Stunde 60 € betragen, liegen die Gesamtkosten bei 90.000 € und die Marge bei 10 % – geringer als vielleicht angenommen. Durch genaue Zeit- und Kostenerfassung lassen sich solche Kennzahlen ermitteln und vergleichen. Im Beratungsgeschäft schaut man etwa auch auf Umsatz pro abrechenbarer Ressource und Umsatz pro Mitarbeiter als weitere KPIs, um die Effizienz im Personal Einsatz zu beurteilen.Abschließend lohnt der Blick darauf, wie schnell geleistete Zeiten in Geld fließen – ein Aspekt, der sowohl Controlling als auch HR (Stichwort Motivation) interessieren kann. Zeiterfassungsdaten ermöglichen zeitnahe Abrechnung: Idealerweise werden erfasste Projektstunden kurzfristig dem Kunden in Rechnung gestellt. Die Dauer vom Leistungsverbrauch bis zur Rechnungsstellung ist eine Kennzahl, die Aufschluss über interne Effizienz und Liquidität gibt. Eine lange Vorfinanzierung (z. B. wenn Monate zwischen Leistung und Rechnungsstellung liegen) belastet den Cashflow (SIMAT AP 03-11-010). Ebenso wichtig ist die Zahlungstreue der Kunden: Days Sales Outstanding (DSO) misst die Tage vom Rechnungsdatum bis zur Zahlung. Ausstehende Projektumsätze sollten möglichst gering und kurz sein. Als Faustregel gilt: Ab etwa 50 Tagen überfälliger Zahlung sollte man der Ursache auf den Grund gehen (consultport.com) – sei es eine falsche Kundenwahl, Optimierungsbedarf beim Mahnwesen oder ein generelles Liquiditätsrisiko. Zeitdaten helfen hier indirekt: Wer seine Stunden transparent abrechnet, kann schneller und regelmäßiger fakturieren, was die DSO senkt. Controlling kann den durchschnittlichen Zahlungszyklus beobachten und bei negativen Trends gegensteuern.
Nicht zuletzt lassen sich aus den Arbeitszeitdaten auch HR-Kennzahlen ableiten. Beispielsweise können kontinuierlich hohe Projektstunden pro Person auf Überlastung hindeuten – Überstundenquoten und ihre Entwicklung sind eine wichtige Ergänzung zu klassischen HR-Kennzahlen wie Krankentage. HR-Abteilungen achten zudem darauf, wie viel Zeit in Weiterbildung oder interne Projekte fließt (vs. Kundenprojekte), um die Personalentwicklung im Blick zu behalten. Solche Auswertungen der Zeitbuchungen ermöglichen es, Kapazitäten strategisch zu planen – etwa rechtzeitig neues Personal einzustellen, wenn die Auslastung aller Fachkräfte anhaltend über z. B. 85 % liegt, oder interne Entlastung zu schaffen.
Eine professionelle Projektzeiterfassung wie z.B. time cockpit liefert die Datengrundlage, um zahlreiche Kennzahlen zu berechnen, die für die Steuerung von Projekten und Unternehmen unverzichtbar sind. Von der Effizienz einzelner Projekte (Zeit- und Kostenabweichungen, Leistungsindices) über die Produktivität der Teams (Output je Stunde) und Auslastung der Mitarbeiter bis hin zur Profitabilität (Projektmargen, Umsatz je Stunde/Mitarbeiter) – all diese KPIs lassen sich aus gut gepflegten Zeiterfassungsdaten gewinnen. Unternehmen im IT- und Beratungsumfeld können damit objektiv analysieren, wo sie stehen und wo Optimierungspotenzial besteht. Wichtig ist, die Kennzahlen sorgfältig auszuwählen und im Zeitverlauf zu beobachten, um echte Trends zu erkennen statt isolierter Momentaufnahmen (Haufe). Werden die richtigen KPIs kontinuierlich gemessen, können Geschäftsführer:innen und Controller fundierte Entscheidungen treffen – sei es zur Anpassung der Projektkalkulation, zur Ressourcenplanung oder zur Verbesserung von Prozessen. Projektleiter:innen behalten den Fortschritt und Budgetverbrauch im Blick, während HR sehen kann, ob die Workload im Team gesund verteilt ist.
In Summe gilt: Nutzung von Zeiterfassungsdaten für KPIs macht Unternehmen messbarer und letztlich steuerbarer. Die Transparenz über geleistete Stunden und deren Ergebnisse schafft Vertrauen bei Kunden und Mitarbeitern und ermöglicht es dem Management, Erfolg und Effizienz von Projekten datenbasiert zu bewerten. Wer seine Projektzeiten nicht nur erfasst, sondern auch auswertet, verschafft sich einen handfesten Vorteil im Wettbewerb – denn so wird sichergestellt, dass Projekte pünktlich, im Budget und profitabel zum Abschluss kommen (NetSuite). Die Devise lautet: Zeiten erfassen, Kennzahlen daraus gewinnen und das Unternehmen damit zielgerichtet steuern.